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Beitrag zum 7. Internationalen Bergbauworkshop, 29.9-2.10 2004, Clausthal-Zellerfeld, Harz

Zeichen, Tafeln, Inschriften und Zeichnungen im Bergbau - Ein Workshop zur theoretischen und praktischen montanhistorischen Arbeit.

Maja Bürger, Halsbrücke; Stephan Adlung, Freiberg; Dr. Thomas Witzke, Aachen; Michael Pfefferkorn, Oettern

Zusammenfassung:

Eingeschlagene oder gemalte Zeichen, Inschriften, Malereien und Tafeln der verschiedensten Art finden sich relativ häufig im Bergbau. Zum Teil dokumentieren sie Vortriebsleistungen, Beginn oder Ende von Auffahrungen, dienen der Vermessung, Markierung oder Abgrenzung von Gruben oder Grubenfeldern, dokumentieren besondere Ereignisse, zum Teil sagen sie auch nur "ich habe hier gearbeitet" oder "ich war hier". Einige dieser Zeichen und Inschriften sind klein und unscheinbar, andere sind sehr groß, auffällig, seit langem bekannt und auf Rissen dokumentiert.
Die theoretische und praktische Arbeit mit diesen „Hinterlassenschaften“ ist eine der spannendsten und schönsten Beschäftigungsfelder der Montanhistorik.

Abb. 1: Tafeln im Freiberger Revier

Der raue Arbeitsalltag bot dem Bergmann selten die Möglichkeit, sich während der Schicht künstlerisch zu betätigen. Umso erstaunlicher - oder vielleicht auch gerade deshalb - ist es, mit welcher Genauigkeit und Schönheit untertage Inschriften, Symbole und so genannte Tafeln eingeschlagen wurden. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass diese Inschriften meistens einen ganz profanen, bergrechtlich vorgegebenen Inhalt besaßen. Die Erforschung derartiger Inschriften ist ein sehr vielschichtiges Arbeitsgebiet, das sich nur interdisziplinär durch Arbeit am Objekt (untertägige Forschung) und Quellenstudium (Archivarbeit) erschließen lässt. Im Folgenden werden die wichtigsten Gruppen von untertägigen Inschriften vorgestellt, ohne dass dabei der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden soll.

Abb. 2: Gangtafel, Brand-Erbisdorf

Grubenfeldgrenzen

Diese Form von Stufen stellt sicherlich eine der ältesten Markierungen dar. Schon in hochmittelalterlichen Texten (Berggesetzgebungen) ist die Markscheide als Grenzmarkierung genannt. Da damit Besitzstände beurkundet wurden, handelt es sich beim Schlagen der Markscheidestufe um einen wichtigen bergrechtlichen Akt, der seine Bedeutung bis in die jüngste Geschichte bewahrt hat. Aufgrund des Alters der Markscheidestufe ist prinzipiell von sehr einfachen Formen auszugehen. Im sächsischen Raum handelt es sich besonders bei den frühen Stufen meist um einfache Kreuze. Erst ab dem 16./17. Jh. treten auch andere Formen auf.

Abb. 3: Markscheidetafel (Grubenfeldgrenze), Brand-Erbisdorf. Die Schrift ist beim Original rot.

Gangbezeichnungen
Die schriftliche Bezeichnung von Gängen kommt in Ausnahmefällen schon im 17. Jh. vor, wurde aber erst im 19. Jh. bergrechtlich geregelt und kommt seit dem in großer Anzahl und in unterschiedlichen Formen vor.

Abb. 5: Gangtafel im Freiberger Revier

Gedingestufen
Auch diese Art von eingehauenen Symbolen findet sich mit in den ältesten Berggesetzgebungen. Es handelt sich dabei um die Dokumentierung von Arbeitsleistungen. Auch hier treten einfache Symbole auf: Es handelt sich dabei um einfache Striche. Später wurden oft Anstriche hinzugefügt. Sonderformen des Gedinges finden sich ab etwa 1500 im Erzgebirge.

Abb. 4: Freiberger Gedinge in einem thüringer Goldstollen

Vortriebstafeln
Diese Dokumentation des Vortriebes ist inhaltlich mit den Gedingestufen verwand, sie dient jedoch nicht zur Abrechnung der Bezahlung von Arbeitsleistungen. Meist im Quartals- oder Jahresabstand geschlagen, vereinfachten sie die Arbeit der Markscheider und verschafften der Bergbehörde einen besseren Überblick.


Abb. 6: Gedingezeichen, Quartalswinkel und Quartalsangabe (R für Reminescere) mit Jahreszahl im Freiberger Zentralrevier


Besondere Ereignisse

An besondere Ereignisse erinnern in einigen Fällen untertägige Inschriften. Sei es der Besuch von hohen Würdenträgern, besondere Erzfunde, Fertigstellung baulicher Anlagen, Durchschläge, Verunfallungen und vieles andere. Die Qualität der Ausführung reicht von einfachen gekritzelten Buchstaben bis hin zu riesigen aufwändigen und wappenverzierten Tafeln.

Abb. 7: Tafel im Freiberger Revier: „Seine Majestät der König Friedrich August gaben durch höchsteigene Handanlegung mit Schlägel und Eisen allhier vor Ort diesem Stollnbetriebe am 25.August 1852 die Weihe.“

Sonstiges
Die Bandbreite reicht von Inschriften der Häuer oder von Besuchern ("Ich war hier!" ) über pornographische/erotische Darstellungen, Arbeits-anweisungen, politische Parolen, Nummerierungen von Inventar, verschiedene Zählungen, Richtungsmarkierungen bis hin zu Inschriften zur Grubenschließung.

Abb. 8: Elisabeth-Schächter Schlotte, Wettelrode

Besonders bei nicht bergrechtlich "genormten" Inschriften ist es oft sehr schwierig, den Inhalt zu interpretieren. Es sind dafür ein sehr intensives Aktenstudium und genaueste Beobachtungen am Fundort dafür notwendig. Bei sehr alten Inschriften erschließt sich deren Inhalt erst bei Kenntnis der exakten Grubengeschichte. Schon deshalb ist die Erarbeitung den re-gional tätigen Forschern vorbehalten.

Ein sehr gelungenes Beispiel für die Erforschung einer Tafel ist die Inschrift um "Hans Benel, 1576" in Freiberg. Ausgangspunkt war lediglich eine sehr populäre Sage. Durch Aktenstudium konnte die Existenz der Tafel belegt werden. Weiterführende Untersuchungen ergaben die genauere Lokalisierung, auf deren Grundlage die Inschrift in mehrjähriger Arbeit freigelegt werden konnte. Bei nachträglichen Forschungen konnte der Inhalt der Tafel geklärt werden, indem die unterschiedlichsten Interpretationsmöglichkeiten ausgeschlossen wurden.


Abb. 9: Hans Benel 1576, Freiberger Zentralrevier


Sehr aufschlussreich sind, um ein weiteres Beispiel zu nennen, Untersuchungen zu größeren Abfolgen von Gedingezeichen. Im Zusammenhang mit den entsprechenden Grubenakten (z.B. Zechenregister, Quartalsabrechnungen) können beim Aufmaß entsprechender Stufen interessante Schlussfolgerungen über Vortriebstechnologie, Belegung des Ortes, Einkommen der Häuer, Arbeitszeiten usw. gezogen werden.

Abb. 10: Gestohlene Tafel: Das Original wurde entwendet und durch Gips ersetzt. Der Gips konnte der Nässe natürlich nicht Stand halten und ist aufgequollen.


Praktisches

Bei Befahrungen wird derjenige, der darauf achtet, etliche solcher Zeichen und Inschriften sehen können.  

Gerade Lachter- und Jahrestafeln, welche in den Stoß eingesetzt sind, wecken bei vielen Befahrern die Begehrlichkeit, ein derartiges Stück mit nach Hause zu nehmen. Natürlich ist dies absolut nicht akzeptabel. Eine Tafel gehört dahin, wo man sie finden kann, in den Berg, an ihre ursprüngliche Stelle. Entnimmt man die Tafel, zerstört man nicht nur ein montanhistorisches Denkmal, sondern man macht sich in der Regel auch strafbar.

Nun heißt das aber nicht, dass man gänzlich ohne Souvenir nach Hause fahren muss. Es gibt durchaus adäquate Möglichkeiten sich – je nach Gusto – eine hübsche Erinnerung zu schaffen.

Fotografie

Das einfachste und manchmal schnellste Mittel ist die Fotografie. Mit dem Fotoapparat einfach draufhalten bringt oftmals schon ganz gute Ergebnisse, obgleich sie meist nicht optimal sein können.

Für das wohltemperierte Bild ist ein Servoblitz von Vorteil. Der Fotograf sollte versuchen, die Tafel möglichst plan abzulichten, da nur solch ein Bild die Größenverhältnisse der Inschriften und Zeichen zueinander halbwegs vernünftig darstellen kann, oft ist dies aber wegen zuwenig Platz nicht möglich. Ausnahmen sind hier natürlich Fotografien, welche rein künstlerischen Anspruch haben. Also ist die Kameraposition so zu wählen, dass der Mittelpunkt des Objektivs in einer Linie zum Mittelpunkt der Tafel steht. Der Servoblitz wird so platziert, dass das Blitzlicht schräg von der Seite gleichmäßig auf die Tafel trifft, je nach dem, wie die Schrift bzw. die Zeichen auf der Tafel ausgerichtet sind, wird die Position so gewählt, dass der Schattenwurf möglichst markant ist. Die Position des Blitzlichtes dient dazu, etwas Schattenwurf in den Vertiefungen auf der Tafel zu erreichen, so dass die Schrift mehr Kontrast erhält und später auf dem Foto viel klarer zu erkennen ist.

Abguss

Einen Abguss herzustellen ist eine gute Möglichkeit, eine Tafel als reales Objekt mit nach Hause zu nehmen, ohne etwas zu zerstören.

Optimal geeignetes Material ist die Zwei- Komponenten-Abgussmasse der Zahnärzte, so genanntes Dentalsilikon bzw. Dentalsilikonknetmasse. Dentalsilikon klebt nicht am feuchten Stoß und lässt auch die farbliche Auslegung von Tafeln unbeschädigt. Ausgehärtet ist es so stabil, dass man den Abdruck in einer festen Schachtel unproblematisch transportieren kann und doch so flexibel, dass er sich mühelos vom Stoß lösen lässt. Die Detailtreue ist bei richtiger Anwendung ausgezeichnet. Die Aushärtezeit beträgt maximal zwei Stunden, bei den meisten Silikonen geht es aber deutlich schneller.

Zunächst bereitet man die Tafel vor, dass heißt sie wird gereinigt. Das macht man natürlich so, dass eventuelle originale Farbgebungen nicht zerstört werden. Wenn die Tafel farblich hinterlegt ist kehrt man sie vorsichtig ab,  wenn sie nicht hinterlegt ist kann man das Ganze auch erstmal richtig mit einer Bürste abschrubben.


Abb. 11: Original Im Stollen


Abb. 12: Kopie zu Hause

Wenn alles vorbereitet ist, beginnt man die Silikonknetmasse zu mischen. Sie besteht aus zwei Komponenten, der eigentlichen Silikonmasse und dem Härter. Je nach Hersteller wird das ganze zwischen 30 Sekunden und 2 Minuten gründlich durchgeknetet. Nun muss es in der Regel schnell gehen. Die Verarbeitungszeit ist recht kurz, so dass es bei größeren Tafeln nötig sein kann, in kleineren Einheiten die Masse vorzubereiten und aufzutragen.


Abb. 13: Fest anpressen.

Man kann das Silikon anstückeln, wobei man bei den Anschlusskanten besonders sorgfältig anpressen sollte. Generell heißt es nicht zimperlich sein, dass Material soll die Struktur der Tafel später gut wiedergeben und deshalb muss man die Knetmasse immer wieder fest auf die Tafel bzw. in die Vertiefungen der Tafel pressen. Dazu kann man auch mit dem Handballen das Material richtig in die Tafel schlagen, sofern das der Tafel nicht schaden kann.

Die Knetmasseschicht sollte ca. 1cm dick sein und die Tafel großzügig bedecken. Wenn die Tafel sehr groß ist kann man noch zusätzliche Verstärkungen einbauen (Gaze z.B.).

Nun heißt es warten. Die meisten Knetsilikone sind nach 30 Minuten voll transportfähig. Man hebt die Matrize vorsichtig von der Tafel ab und packt sie sorgfältig gepolstert ein. Als Polstermaterial ist zum Beispiel Luftposterfolie sehr zu empfehlen. Dann den Abdruck zwischen zwei dicke Pappen gelegt und ab in den Schleifsack, auch ein alter Aktenkoffer geht ganz gut für den Transport. Der Abdruck ist aber relativ robust, also muss man es auch nicht übertreiben.

Abb. 14: Vorsichtig abziehen

Nachdem die Matrize vollständig durchgehärtet ist (1-2 Tage) kann man sich daran machen ein Duplikat zu fertigen. Dazu wird ein Holzrahmen gebaut, der der Größe der Tafel entspricht.

Der Gips sollte schön dünn angerührt werden und möglichst blasenfrei sein. Nachdem man die Form ausgegossen hat und der Gips trocken ist, wird die Tafel herausgenommen und kann nun noch etwas nachbearbeitet werden (Unreinheiten entfernen und Konturen schärfen z.B.)


Abb. 15: Tafel im Holzrahmen. Hier wurde zu wenig Material benutzt, so dass der Rand im Rahmen noch mit Baumarktsilikon erweitert wurde.


Abb. 16: Der frisch eingefüllte Gips. Jetzt kann man noch die Blasen rausrühren.

Nun folgt noch die Farbgebung. In vielen Baumärkten und Malerläden kann man sich heute Farben mischen lassen. Es empfiehlt sich daher, ein Stück Gestein, welches dem der Tafel entspricht, als Farbmuster mitzunehmen.

Um eine Art Steinglanz zu simulieren kann man die Kopie nachträglich, wenn die Farbe trocken ist, mit verdünntem PVAC-Bindemittel (Latex) einpinseln, dann werden der matte Gips und die Farbe etwas feucht-glänzender.

Für den Abdruck ist Baumarktsilikon eher ungeeignet. Es riecht ziemlich übel, es lässt sich sehr schlecht verarbeiten, im Stollen und an sich selbst macht man damit eine riesen Sauerei, es braucht mindestens 24 Stunden zum trocknen und man bekommt es schlecht wieder von der Tafel entfernt. Eine eventuelle farbliche Auslegung der Tafel wird sicher zerstört und die Detailzeichnung ist auch nicht optimal.

Selber machen!

Entgegen der verbreiteten Meinung, dass
solch eine Tafel herzustellen sehr schwierig wäre, ist es relativ einfach. Die Vorgehensweise richtet sich danach, ob eine ganz neue Tafel geschaffen werden soll, oder eine Kopie.


Abb. 17: Zu Testzwecken geschlagene Tafel. Ohne jegliche Vorkenntnisse in reichlich 15 Minuten geschaffen.

Bei einer neuen Tafel die Zeichen einfach mit Ölkreide auf dem Stein vorzeichnen und mit einem sehr kleinen und scharfen Meißel langsam nacharbeiten. Wenn man eine Originaltafel reproduzieren will, so braucht man zunächst eine gute und plane Abbildung oder Zeichnung vom Original.


Abb. 18: Kopie für eine gestohlene Fundtafel im Freibergerrevier an einem Mundloch im Winter. Arbeitsaufwand für die relativ große Tafel knapp eine Stunde.

Von dieser zeichnet man, sofern man mit dem nötigen künstlerischen Geschick gesegnet ist, die Formen wiederum mit Ölkreide auf den Stein ab. Wenn man nun kein begnadeter Maler ist, kann man sich aber auch helfen. Entweder ein Dia oder eine Folie anfertigen und damit dann die Formen zum nachzeichnen auf den Stein projizieren, oder gleich die Seg-nungen der Technik nutzen und einen Videobeamer dafür nutzen.

Ungeübte Hände brauchen für die Ausführung einer Jahreszahl auch nur rund 30 Minuten, geübte Hände schaffen dies auch deutlich schneller.

Literatur:

ADLUNG, Stephan (1998): Schriftenreihe Akten und Berichte vom sächsischen Bergbau Nr. 7 „Gedinge- und Vortriebszeichen im sächsischen Erzbergbau“, Jens-Kugler-Verlag, Kleinvoigtsberg

ADLUNG, Stephan (1999): Schriftenreihe Akten und Berichte vom sächsischen Bergbau Nr. 22 „Markscheiderische Tafeln und Inschriften im sächsischen Erzbergbau“, Jens-Kugler-Verlag, Kleinvoigtsberg

BÜRGER, Maja und LEUPOLT, Georg (2000): „Befahrerhandbuch – Streitschrift zu Arbeitsweisen der praktischen bergbauhistorischen Forschung“ Eigenverlag, Dresden/Halsbrücke

WITZKE, Thomas (2003): „ Kurze Darstellung von Zeichen, Tafeln, Inschriften und Zeichnungen im Bergbau“ Publikation auf der Internetseite der Grubenarchäologischen Gesellschaft, www.untertage.com

Bildnachweis:

Abb. 4, 18: LAUSCH, Holger, Halsbrücke

Abb. 1-3, 5-17: PFEFFERKORN, Michael, Oettern

Autoren

Stephan Adlung
Himmelfahrtsgasse 11
D - 09599 Freiberg
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Maja Bürger
Muldental 9
09633 Halsbrücke
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Michael Pfefferkorn
Im Dorfe 38
D - 99438 Oettern
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Dr. Thomas Witzke
Marienbongard 24
D - 52062 Aachen
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