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Ein geologisch-bergbaugeschichtlicher Überblick über die ehemaligen Steinkohlenbergbaureviere von Zwickau und Lungau-Oelsnitz

Anmerkung: Die im Text eingebetteten Bilder lassen sich durch Anklicken vergrößern

publiziert in der Zeitschrift "Bergbau" 8/1998 - Seite 367-380 In den Jahren seit der Wiedervereinigung Deutschlands wird in Bergbau- und Umweltzeitschriften sehr viel über den Braunkohlen- und Uranbergbau in der ehemaligen DDR und den entsprechenden Bergbaufolgeschäden und deren Sanierung berichtet. Manchmal wurde noch der Salzbergbau (Kali- und Steinsalz) erwähnt. Auch das offizielle Organ des RDB, die Fachzeitschrift ,,BERGBAU", machte da keine Ausnahme. Der Leser hat sich einen guten Eindruck und Überblick über die Aktivitäten des Braunkohlenbergbaus und die Sanierung von Bergbaufolgeschäden des Braunkohle- und Uranbergbaus verschaffen können.
Kaum jemals wurde aber über die weiteren Bergbauzweige, wie Metallerzbergbau, Spatbergbau oder den Steinkohlenbergbau berichtet, die alle zu DDR-Zeiten große Bedeutung für die Staatswirtschaft hatten. Inzwischen sind aber alle diese Bergbaubetriebe stillgelegt worden, teils wegen Erschöpfung der Lagerstätte, meist aber wegen unwirtschaftlichkeit.
Nach einem Uberblick über die Steinkohlenvorkommen auf dem Gebiet der neuen Bundesländer, werden hier die mit Abstand größten Steinkohlenbergbaureviere von Zwickau und Lugau-Oelsnitz vorgestellt.

Verglichen mit der Steinkohlenförderung der alten Bundesländer war der Anteil der neuen Bundesländer nur gering (nicht einmal 3 %). Mindestens lokal war er jedoch von großer Bedeutung. Besonders ab den ,,Gründerjahren" war die Steinkohle von Zwickau und Oelsnitz eine wichtige Voraussetzung für die Bildung der Schwerindustrie in Südthüringen und Nordsachsen. Hingewiesen sei hier auf die Chemnitzer Maschinenfabrik Hartmann (lange Zeit führend im Dampfmaschinenbau).
Auch die Automobilindustrie bei Zwickau, jetzt noch von Volkswagen fortgeführt, beruht auf der lokalen Steinkohlenproduktion. Weiterhin hätte es die über fast 100 Jahre alte, weltweit größte Grubenlampenfabrik von Friemann & Wolf in Zwickau ohne diesen Bergbau nie gegeben. Wegen Erschöpfung der Lagerstätten wurde der Steinkohlenbergbau allerdings schon Ende der 70er Jahre eingestellt.
  Über die Bergbaufolgeschäden in den Revieren Zwickau und Lugau-Oelsnitz berichtete der Verfasser im Rahmen eines Tagungsberichtes in dieser Zeitschrift [6].
Hier soll ein Abriß über die geologischen Verhältnisse und ein Überblick über die Bergbaugeschichte der zwei Abbaugebiete gegeben werden, mit besonderem Schwergewicht auf dem Revier von Lugau-Oelsnitz.

Die ehemaligen Steinkohlenbergbaureviere auf dem Gebiet der neuen Bundesländer

 Auf dem Gebiet der neuen Bundesländer gibt es zahlreiche Steinkohlenvorkommen, die sich alle südlich einer gedachten Linie etwa vom Nordharz bis Cottbus befinden. Alle Vorkommen liegen stratigraphisch zwischen dem Unterkarbon (Vise.) und dem unterrotliegenden (Autun). Abgesehen von nur sehr lokaler Bedeutung, wie Versorgung einer nahegelegenen Saline mit Brennstoff oder Bergbau in Notzeiten, erreichten nur die Reviere von:

  • Zwickau
  • Lugau-Oelsnitz
  • Freital bei Dresden
  • Plötz-Löbejühn bei Halle und
  • Wettin bei Halle
  jeweils eine kulminierte Förderung von
mehr als 1 Mio. t (Tab. 1).
  Eine kursorische Beschreibung aller Steinkohlenvorkommen der neuen Bundesländer geben Baumann & Vulpius (1991).Die meisten Daten der Tabelle 1 wurden dieser Quelle entnommen.

Die ehemaligen Steinkohlenbergbaureviere von Zwickau und Lugau-Oelsnitz

 Die beiden ehemaligen Bergbaureviere liegen etwa 30 km (Zwickau) bzw. 20 km (Lugau-Oelsnitz> südwestlich von Chemnitz im Erzgebirgischen Becken, das sich ab dem Oberdevon bei der Heraushebung des  Erzgebirges  gebildet  hatte.  Die Beckenbildung, und damit auch die Sedimentation, begann im Unterkarbon (Vise. III) nördlich des Erzgebirges und östlich des heutigen Zschopau-Flusses (Bild 1).
Dabei wurden schon bei Borna und Hainichen Kohlenflöze ausgebildet, die allerdings nur eine geringe Mächtigkeit und eine geringe flächenmäßige Erstreckung aufweisen.
Im Westfal verlagerte sich das Senkungsgebiet weiter nach Westen, so bildeten sich östlich von Chemnitz im Westfal BIC die Steinkohlenvorkommen von Flöha. Im Westfal D migrierte der Sedimentationraum weiter nach Westen, so daß sich bei Oelsnitz ein Sedimentpaket bilden konnte, von dem, nach anschließender Erosion im obersten Karbon, heute noch bis zu 180 m Mächtigkeit vorhanden sind. In diesen Sedimenten konnten sich 11 abbauwürdige Flöze bilden.
  Noch etwas weiter westlich, beim heutigen Zwickau, waren die Senkungen so groß, daß heute noch ein bis zu 300 m mächtiges Steinkohlengebirge mit ca. 15 abbauwürdigen  Steinkohlenflözen  vorliegt. Je nach Abbaukriterien schwankt die Anzahl der ,,abbauwürdigen" Flöze bei den unterschiedlichen Autoren etwas (siehe Tabelle 1 und Bild 1).

Revier bzw. Vorkommen Geologisches Alter Mächtigkeit
der produktiven 
Folge (m)
Anzahl
(und Mächtigkeit)
der Flöze (m)
Kohlenart Abbau von-bis Gesamtfördermenge (kumulative) (t)
Erzgebirgisches Becken
    Revier um Borna-Ebersdorf Visé 200 7 (0,5 bis1,2) Gasflammkohle 1705-1873
    100000
    Revier um Berthelsdorf-Hainichen Visé III 200 5 (0,2bis2,5) Gasflammkohle 1559-1865
    Becken von Flöha Westfal B/C 60 bis 100 2 bis 6 (0,1 bis 0,6) Anthrazit um 1700 100000
    Zwickauer Revier Westfal D 300 11 (0,5 bis 4,5) Gasflamm- bis Gaskohlen 1348-1979 230 Mio.
    Lugau-Oelsnitzer Revier Westfal D 170 12 (0,5 bis 3,2) Gasflamm- bis Gaskohlen 1844-1971 145 Mio.
      Döhlener Becken
        Freital (bei Dresden) Autun (Rotliegend) 110 7 (0,3 bis 4,0)
        (Flöz 1 max. bis 9)
        Gasflamm- bis Gaskohlen 1542-1967 40 Mio.
          Gebiet um Halle / Saale
            Plötz-Löbejün Stefan C 800 4 bis 6 (0,6 bis 3) Eßkohle bis Magerkohle 1466-1853, 1884-1967 5,25 Mio.
            Wettin Stefan C 800 4 bis 6 (0,6 bis 3) Eßkohle bis Magerkohle 1382-1893 2,50 Mio.
            Tab 1: Übersicht über die größten Steinkohlenvorkommen auf dem Gebiet der NBL. Die mit Abstand größten Abbaugebiete waren die von Zwickau und Lugau-Oelsnitz. Mit großem Abstand folgt das Döhlener Becken, wo die Steinkohle z.T. auch so hohe Urangehalte hatte, daß sie von der "Wismut" als Uran-Rohstoff abgebaut wurde. Bei Halle erreichten nur die Abbaugebiete bei Plötz-Löbejün und Wettin eine Gesamtfördermenge von über 1 Mio. t. Die Vorkommen bei Borna, Hainichen und flöha sind mit in die Tabelle aufgenommen, weil sie im Text erwähnt werden.


            Bild 1: Das Erzgebirgische Becken mit den Steinkohlenrevieren von Zwickau und Lungau-Oelsnitz. Nordöstlich von Zwickau sind die älteren Steinkohlenvorkommen von Hainichen und Flöha

            Das steinkohlenführende Gebirge liegt diskordant dem phyllitischen (Erzgebirgs- Grundgebirge auf und wird wiederum diskordant von Rotliegend-Sedimenten bedeckt. Im Norden der Reviere kann die Rotliegend-Bedeckung über 600 m Mächtigkeit erreichen. Nach der Sedimentation der kohleführenden Schichten wurde das Becken tektonisch gehoben und z. T. erodiert. Die zwei heutigen Becken kann man sich morphologisch als ein herauserodiertes Tafelgebirge vorstellen, das dann nach der Karbonzeit wieder in einer erneuten Senkungsphase von Rotliegend-Material verschüttet worden ist (siehe dazu Bild 5 a und b). 
             Bedingt durch diese Erosion und durch tektonischen Einflüsse gibt es zwischen beiden Teilbecken keine flöztührende Verbindung, im Gegenteil, trotz räumlicher Nähe gab es in beiden Revieren so unterschiedliche Setzungs- und Sedimentationsraten, daß sogar einer Korrelierung der entsprechenden Sedimente z.B. der Kohlenflöze, oft nicht möglich ist. Um diese Situation zu zeigen, sind in Bild 2 jeweils die ldealprofile des Zwickauer und des Oelsnitzer Reviers gegenübergestellt. Die Sedimentation im Zwickauer Becken setzte übrigens schon etwas früher ein als im Oelsnitzer Teil. 
            Im Zwickauer Revier werden die einzelnen kohleführenden Schichten zu elf Leitflözen zusammengefaßt, die sich in drei Flözgruppen einordnen lassen:

              1. Obere Flözgruppe:
              Dreielliges Flöz
              Dreiemhalbelliges Flöz
              Zweielliges Flöz
              Scherbenkohlenflöz
              Lehekohlenflöz

              2. Mittlere Flözgruppe:
              Zachkohlenflöz
              (tieferer Teil = Neukohlenflöz)
              Schichtenkohlenflöz
              Rußkohlenflöz
              Tiefes Planitzer Flöz
              (unterer Teil = Amandusflöz)

              3. Untere Flözgruppe:
              Ludwigflöz
              Segen-Gottes-Flöz.

              Auch die im Lugau-Oelsnitzer Revier anstehenden Leitflöze werden in drei Gruppen zusammengefaßt:
              1. Obere Flözgruppe:
              Neuflöz 1 bis 4
              Oberflöz
              2. Mittlere Flözgruppe:
              Hoffnungsflöz

              3. Untere Flözgruppe:
              Glückflöz
              Vertrauenflöz
              Haupiflöze
              Zwischenflöz
              Grundflöz
              Kneiseflöz
              Unbenanntes Flöz
              Bog headflöz
              Unbenanntes Flöz II



            Bild 2: Die Idealprofile des Zwickauer und des Lungau-Oelsnitzer Karbonbeckens. Man beachte den unterschiedlichen Höhenmaßstab aufgrund unterschiedlicher Sedimentationsraten.

            Das flözfreie Gebiet (flözfrei heißt in diesem Sinne, es ist kein bauwürdiges Flöz vorhanden) zwischen den beiden Revieren wird als ,,Zwischenzone" bezeichnet und im Westen vom 1. Pöhlauer Sprung und im Osten von der Rödlitzer Störung begrenzt. Beide Reviere durchliefen sowohl bergbaugeschichtlich als auch wirtschafts- und sozialpolitisch völlig unterschiedliche Entwicklungen

            Das Zwickauer Revier

            Die Anfänge des Steinkohlenbergbaus bei Zwickau gehen bis ins ,,dunkle" Mittelalter zurück. E. Herzog berichtet schon 1852, daß ab dem 10. Jahrhundert bei Planitz (südl. Zwickau) zutage ausstreichende Flöze abgebaut worden sein sollen. Falls  das stimmt, stünde die Wiege des  deutschen Steinkohlebergbaus bei Zwickau. Urkundlich belegt ist der Bergbau seit 1348. Aus diesen Jahren stammt ein ,,Artikel" in dem der Gebrauch von Steinkohle in den Schmieden des Stadtgebietes untersagt wurde (wohl eine der ersten Umweltschutzverordnungen?) Die Steinkohlentlöze wurden an ihrem Ausstrich bei Niedercainsdonf, südlich von Zwickau, und Oberhohndorf abgebaut. Im Flußbett der Zwickauer Mulde, an der Brücke zum Bahnhof Cainsdorf, streicht das Rußkohlenflöz mit einer Mächtigkeit von ca. 6 m zutage aus. An diesen und anderen Ausstrichen ,,gruben" die Zwickauer schon vor Jahrhunderten nach kohle.
              Die Kohle neigte sehr stark zur Selbstentzündung und schon Agricola berichtete in seinem ,,Bergmanus" (1530> über untertägig aktive und nicht zu löschende Flözbrände bei Planitz. Diese Flözbrände hielten bis 1590 an. Während des Dreißigjährigen Krieges entstanden neue Flözbrände, wohl durch Brandschatzungen, wiederum bei Planitz. Diese Brände hielten allen Löschversuchen stand und dauerten bis 1880. Selbst als 1816 alle Schächte bei  Planitz verfüllt wurden, ,,überlebte" das Feuer. Als kuriosum ist anzumerken, daß ab 1838 auf der aufgewärmten Erdoberfläche eine Tropengärtnerei betrieben wurde, die z. B. Ananas züchtete (Bild 3).



            Bild 3: Zeitgenössisches Profil (Mitte des 19. Jh.) durch die untertägig brennenden Flöze bei Planitz, nahe Zwickau. 1=Früherer Tagebau auf Steinkohle; 2="Tropen"-Gärtnerei, betrieben von 1838 bis 1882; 3=Verfüllter Vogelstangenschacht; 4= Verfüllter Louisenschacht

            Probleme mit Flözbränden gab es, solange der Bergbau bei Zwickau betrieben wurde.  Der ,,vor-Agncola-Bergbau' beschränkte sich weitgehend auf das Anlegen von Pingen. Ab Mitte des 16. Jahrhundert begann man mit Hilfe kleiner Haspelanlagen und Göpel die kohle auch von untertage zu fördern. Mit fortschreitender Technisierung rückte der Abbau weiter nach Nordosten
            vor. d. h., tiefer in das Becken und unter das Deckgebirge. Die Steinkohlenförderung stieg seit dem Jahre 1826 enorm an, da in zunehmendem Maße Steinkohle zum Beheizen von stationären Dampfmaschinen und zum Betreiben von Lokomotiven benötigt wurde. 1862 wurden das erste Mal mehr als 1 Mio. t kohle gefördert. Zwischen 1870 und 1914 lagen die höchsten Fördermengen bei über 2 Mio. t pro Jahr.

             Große Schwierigkeiten bereiteten dem Bergbau von Anfang an zum einen die starke tektonische Beanspruchung des gesamten Reviers (Bild 4), zum anderen die uneinheitliche Flözausbildung mit kleinräumigen Mächtigkeitsschwankungen und die Einschaltung von Zwischenmitteln.


            Bild 4: Geologisches Querprofil durch einen Teil des Kohlengebirges von Zwickau - nach Mietsch 1877. Damals wurde noch angenommen, daß die Bruchstörungen post-rotliegend seien, was sich später nicht immer als richtig herausstellte. 

            Die Verbreitung der wichtigsten Flöze ist in Bild 5 a und 5 b) dargestellt. Aus diesen Bildern ist auch die Lage der wichtigsten Schächte ersichtlich. Wegen Erschöpfung der Lagerstätte wurde der Bergbau bei Zwickau im Jahre 1978 eingestellt, und damit endete auch der gesamte Steinkohlenbergbau der DDR. Im Zwickauer Revier wurden insgesamt etwa 230 Mio. t kohle gefördert.


            Bild 5a und 5b: Die räumliche Erstreckung der wichtigsten Flöze und die Lage der Wichtigsten Schächte.
            5a: im Zwickauer Revier. 5b: im Lugau-Oelsnitzer Revier.
            In der Abbildung sind die obersten (jüngsten) Flöze dunkel dargestellt, die untersten weiß schraffiert. - Man erkennt, daß nach der Sedimentation eine Starke Erosion einsetzte, die in den beiden Senken jeweils nur eine Art Tafelberg stehen ließ.

            Der Bergbau hinterließ schwere Bergschäden, vor allem teilweise Senkungen bis unter das Vorflutniveau, so muß beispielsweise der Grundwasserspiegel für weite Teile des Stadtgebietes von Zwickau durch zwei Pumpwerke künstlich niedrig gehalten werden.

            Das Lugau-Oelsnitzer Revier

             Obgleich die geologische Situation ähnlich der des Zwickauer Reviers ist, und auch südlich von Oelsnitz Flöze zutage ausstreichen, wurde die Kohle hier erst 1831 beim Anlegen eines Forst-Entwässerungsgrabens entdeckt. Der Bergbau begann 13 Jahre später (1844). Aus ca. 10 m tiefen Schächten in Niederwürschnitz/ Neuoelsnitz in der Nähe des Ausstriches der kohlenfiöze wurde die erste Kohle gefördert. Ab 1852 dehnte sich der Bergbau bis nach Lugau aus. Allmählich erreichte der Bergbau das eigentliche Oelsnitzer Becken. Einen gewaltigen Aufschwung für den Oelsnitzer Bergbau brachten die Jahre 1871/72. In den folgenden Jahren griff der Abbau auch auf Gersdorf und Hohndorf über. Die Steinkohlenförderung über schritt im Jahre 1884 das erste Mal 1 Mio.t und erreichte ihren höchsten Stand 1913 mit über 2 Mio. t. Aus dem zunächst noch Eigenlöhner Bergbau (die Kohle gehörte dem Grundeigentümer) entstanden erste Bergbaugesellschaften  ab  etwa  1860 durch höheren Kapitalbedarf bei größeren Förderhöhen und durch Betriebskonzentrationen. 1858 erhielt das Revier einen Eisenbahnanschluß nach Chemnitz, der sich sehr positiv nicht nur auf den Oelsnitzer Bergbau, sondern auch auf die Chemnitzer Schwerindustrie auswirkte.

            Ähnlich wie in Zwickau schafften auch bei Lugau-Oelsnitz kleinräumige, gestörte Flözerstrecküngen und stark wechselnde Mächtigkeiten erhebliche Abbauprobleme. So erreichte z. B. das Hauptflöz bei einer Durchschnittsmächtigkeit von fast 3 m lokal eine Maximalmächtigkeit von über 15 m. Dieses warf natürlich große technische Schwierigkeiten auf, die aber durch den extra hierfür entwickelten Scheibenabbau gelöst werden konnten (Bild 6).


            Bild 6: Der Oelsnitzer Scheibenbau mit Versatz. Mit diesem Abbauverfahren wurden bei bis zu 6 Scheiben zu je 2,50 m Flöze bis über 15 m Mächtigkeit abgebaut.

             Durch direkte wie indirekte Einwirkungen des 1. Weltkrieges geriet der Lugau-Oelsnitzer Steinkohlebergbau in arge wirtschaftliche Schwierigkeiten. Bei weiterer Konzentration und verstärkter Übernahme durch die öffentliche Hand war 1920 folgende Situation entstanden. Es gab praktisch nur noch zwei Bergbauunternehmen,

              1. Die Gewerkschaft ,,Deutschland" mit der Stadt Leipzig als Mehrheitseigentümer und

              2. Die Gewerkschaft ,,Gottes Segen", die dem sächsischen Staat gehörte.


            Die zur Gewerkschaft Deutschland zusammengelegten Schachtanlagen bestanden nach 1920 aus vier Betriebsabteilungen (ehemals selbständige Bergwerke). Aus wirtschaftlichen Gründen sollte die Betriebsabteilung ,,Deutschland" mit den Schächten ,,Deutschland 1" und ,,Deutschland II" zur Zentral-Schachtanlage mit Gesamtförderung, Aufbereitung und Versand und zentraler Energieversorgung ausgebaut werden. Daß das nie bis zum Ende des Bestehens der Gesellschaft (1946) komplett gelungen ist, lag vorwiegend an den ungünstigen Platzverhältnissen übertage (Bilder 7a und 7b>. Auch die 1920 gegründete Gewerkschaft ,"Gottes Segen" ging aus vier Einzelunternehmen hervor, die  zunächst  als  Betriebsabteilungen weitergeführt wurden.

            Der in Neuoelsnitz günstig gelegene Schacht ,,Kaiserin Augusta" wurde zum zentralen Förderschacht ausgebaut. Eine neue kohlenaufbereitung, eine moderne Eisenbahnverladung und ein zentrales kraftwerk machten die Anlage zwischenzeitlich zu einer der modernsten und leistungsfähigsten Europas. Während des 2. Weltkrieges verschlechterten sich die Flözverhältnisse  weiter.  Dazu  kamen kriegsbedingte  Restriktionen,  die  den Bergbau sogar zeitweise fast stillegten (1945). Ab 1946 wurden die Anlagen in ,,Volkseigene  Betriebe"  überführt  und neben anderen Umbenennungen wurde der schon erwähnte ,,Kaiserin-Augusta-
            Schacht" in ,,Karl-Liebknecht-Schacht" umgetauft.

             1960 wurden die zwei noch selbständigen Schachtanlagen zu einem Betrieb fusioniert. Untertage wurde eine Verbindung geschaffen, und die durch langsames Erschöpfen der Vorräte geringer gewordener Förderung konnte zentral durch den ,,Karl-
            Liebknecht-Schacht"  bewältigt  werden (Bild 8). Ab 1968 wurde der Betrieb schrittweise heruntergefahren. Am 31. März 1971 wurde die letzte Kohle gefördert. Bis 1975 wurden noch Raube- und Sicherungsarbeiten  durchgeführt  und  der Schacht dann verfüllt. Elf Jahre später war um den markanten Förderturm des ,,Kaiserin-Augusta" bzw. ,,Karl-Liebknecht-Schachts" ein imposantes Bergbaumuseum entstanden.

            Die "Deutschland" - Schächte

            Bild 7a: Das Stahlfördergerüst des Schachtes "Deutschland I"

            Bild 7b: Der 50 m hohe Förderturm des Schachtes "Deutschland II" für eine elektrische Turmfördermaschine. Beide Fördertürme wurden zwischenzeitlich abgerissen
            (käufliche Postkarten aus DDR-Zeiten)


            Bild 8: Am 31. März 1971 wurde im "Karl-Liebknecht-Schacht" der letzte kohlengefüllte Förderwagen gehoben.
            (käufliche Postkarte aus DDR-Zeiten) 

            Literatur:

              [1 ] Baumann L. & Vuhnus, R. (1991): Die Lagerstätten fester mineralischer Rohstoffe in den neuen Bundesländern. Glückauf Forschungungshefte, 52, H. 2, 5.53-83, 28 Abb., 8 Tafeln.

              [2] Brause, H. Ed. (1997): Folgeerscheinungen des Steinkohlenbergbaus im Raum Zwickau - Oelsnitz - Exkursionsführer 5.  - GGW,., 3 Tab., Berlin 1997

              [3] Brause, H (1997) Geologie, Bergbau und Bergbaufolgeprobleme im Oelsnitz. In: Brause. H. (1997): 5.0.7

              [4] Mietuch, H (1877) Geologische Profile durch das Kohlenfeld Zwickau. Beihefte zur Geol. Spezialkarte des Königreichs
              Sachsen, Leipzig 1877

              [5] Rösler, H Ossenkopf, W. & Taubert, P. (1987): Die Kohlentonsteine aus den Steinkohlenbecken von Zwickau - Oelsnitz, Freital-Döhlen (bei Dresden) und Doberlug. - Freib. Forschungsh. C 211 146 S., 75 Abb.

              [6] Ruder, J. (1997): Folgeerscheinungen des Steinkohlenbergbauns im Raum Zwickau - Oelsnitz/Sachsen - ein Tagungsbericht. Bergbau. 48, H. 10,