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25 Jahre Erkundung und Forschung des Salzstocks Gorleben
Bergbau im Dienste der Wissenschaft
- ein Befahrungsbericht-



Förderturm Schacht Gorleben 1

Immer wieder liest man im Zusammenhang mit den Kastortransporten vom geplanten Endlager in Gorleben. Die Frage drängte sich auf, was steckt dahinter und wie weit sind die Arbeiten eigentlich fortgeschritten ?
Nach einigen Recherchen lagen doch zahlreiche Informationen vor und es bot sich die Gelegenheit den „Erkundungsbetrieb“ in Gorleben zu befahren.

Bei herrlichstem Winterwetter machten wir uns am 18. Februar 2004 in das Wendland auf. Nach 70-minütiger Fahrt standen wir, wie geplant, pünktlich um 09:00 Uhr vor dem Werkstor. Vom Betriebsparkplatz bot sich ein Überblick über die Tagesanlagen, welche sich von der Straße her, hinter den Bäumen versteckt halten. Schon im Eingangsbereich der Wache finden sich Aufsteller und Infostände mit umfangreichem Material. Nachdem sich die Befahrermannschaft um Dipl. Geol. Andreas Hincke gesammelt hatte, wurden wir in den Beratungsraum über der Betriebswache gebeten.

Herr Dipl.Geol. Isslinger von der DBE (Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH) stellte uns nun den Erkundungsbetrieb im Salzstock Gorleben ausführlich vor.

Beim Salzstock Gorleben handelt es sich um einen Doppelsalzstock, den SW-NO-streichenden Salzstock Gorleben-Rambow. Der Teilsalzstock Rambow wurde bisher nicht in die Vorerkundung einbezogen.

Der Salzstock Gorleben ist einer der größten Salzstöcke in Niedersachsen. Seine Länge beträgt 14 km, welche eine Fläche von ca. 40km 2 umfasst. Er befindet sich unter einem 200-300 m mächtigem sedimentärem Deckgebirge des Tertiärs und des Quartärs, seine Teufe erreicht ca. 3500m. Der Salzspiegel befindet sich heute ca. 280m unter der Rasenkannte.

Die Suche nach einer sicheren Verwahrung für radiaktive Abfälle stellte sich sofort mit der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Die Amerikanische Akademie der Wissenschaften hielt bereits 1957, die Salzstöcke für besonders geeignet. Bereits 1963 wurde im Zweiten Deutschen Atomprogramm die Empfehlung für Salz als Endlagermedium ausgesprochen. Daraufhin begannen 1965 im ehemaligen Salzbergwerk „Schachtanlage Asse“ bei Remlingen, im Kreis Wolfenbüttel, die ersten deutschen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Endlagerung im Salz.

Die Niedersächsische Landesregierung beauftragte 1976 eine Projektgruppe, um aus den mehr als 200 norddeutschen Salzstöcken geeignete Standorte auszuwählen. Am 22. Februar 1977 wurde der Salstock Gorleben als möglicher Standort einer Endlagerung durch die Landesregierung benannt. Zur sachgerechten Erkundung unter Nutzung bereits vorhandenen Know-how's aus Forschung und Bergbau wurde 1979 die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH gegründet.


warten auf die nächste Seilfahrt


Die DBE begann noch 1979 mit der übertägigen Erkundung des Salzstockes und konnte die Arbeiten im wesentlichen 1985 abschließen. In den sechs Jahren hatten die Mitarbeiter ein umfangreiches Erkundungsprogrmm ab zu arbeiten. Es wurden im Wesentlichen folgende Arbeiten ausgeführt:

  • 322 Pegelbohrungen zur hydrologischen Untersuchung auf ca. 300 km 2
  • 4 Brunnenbohrungen für Langzeitpumpversuche
  • 549 Tiefsondierungen zur geophysikalischen Messung
  • Erstellung von 16 reflexionsseismischen Profilen
  • Errichtung und Betrieb eines seismischen Stationsnetzes zur kontinuierlichen Überwachung des Standortes auf lokale Erdbeben

Füllort 840-m-Sohle

Mit dem Übergang zur untertägigen Erkundung 1986 und dem Abteufen des Schächte Gorleben I (1986-1997) und Gorleben II (1989-1995) ergaben sich weitere Erkundungsbohrungen:

  • 44 Salzspiegelbohrungen zur Erkundung der Kontakt- und Übergangszonen
  • 4 Tiefbohrungen zur Bestimmung des Stoffbestandes und der Salzstockstruktur mit Teufen bis zu 2000m
  • 2 Schachtvorbohrungen mit 1000m Teufe zur Vorbereitung des Schachtabteufens.

Mit dem Aussetzen der Füllörter auf der 840-m-Sohle begann die zweite Phase der untertägigen Erkundung. Am Schacht 1 begannen die Arbeiten am 4. Oktober 1995, Schacht 2 folgte am 18. November . Zunächst wurde die Hauptförderstrecke als Verbindung der Schächte aufgefahren und am 21. Oktober 1996 durchschlägig.

Danach begann der Vor rich tungsbau für die untertägigen Infrastrukturbereiche mit Werkstätten, Arbeits- und Lagerbuchten. Mit dem Vortrieb der Querschläge 1 West und 1 Ost sowie der nördlichen Richtstrecke begann die Umfahrung des für die Einlagerung vorgesehenen Steinsalzes im Zechstein, als Hauptsalz der Staßfurt-Folge.
Im Rahmen der Auffahrung wurden selbstverständlich die Forschungsarbeiten, neben der detaillierten markscheiderischen Darstellung, durch verschiedenste Erkundungsbohrungen und Geotechnische Bohrungen weiter geführt. Zusätzlich wurden in den Schächten und Strecken, Mess-Stationen für die Deformationsanalyse angelegt.

Seit dem 1. Oktober 2000 sind die Erkundungsarbeiten eingestellt. Es gilt ein Memorandum, wonach in den nächsten 10 Jahren eine Entscheidung über einen Endlagerstandort nach den wissenschaftlichen Kenntnissen gefasst werden soll.

Die Aufgabe der Belegschaft besteht nun in der Verwahrung des Grubengebäudes auf dem heutigen Niveau um im Bedarfsfall die Arbeiten sofort wieder aufnehmen zu können.


Das Gezähe hat Ruh - wie lange noch?

Herr Isslinger begleitete uns auch auf der Befahrung, was mich zunächst etwas in Erstaunen versetzte. Im Gespräch bei der Anfahrt klärte sich dann die Sache. Nachdem unser Führer als Geologe die Erkundungsarbeiten fast von Anfang an begleitete, sind seine Aufgaben mit dem Inkrafttreten des Memorandums sehr minimiert, aus diesem Grunde widmet er sich nun verstärkt der Öffentlichkeitsarbeit. Was für ein Glück für die Besucher, einen kompetenteren Führer wird es wohl nicht geben. Auf die Frage wer denn im Normalfall zu einer Befahrung kommt, gab es die nächste Überraschung. Täglich sind 2 Gruppenbefahrungen möglich, diese sind allerdings meistens für die kommenden 12 Monate ausgebucht ! Es melden sich fast ausschließlich Fachleute aus den Bereichen Bergbau und Abfallwirtschaft, aber auch interessierte Laien an. Natürlich hat auch der Eine oder Andere Atomkraft-Gegner den Weg in das Erkundungsbergwerk gefunden.


Nach einem kurzen Weg über den Zechenhof geht es in die Steigerkaue. Hier bekommt der Besucher vom Kauenwärter die notwendige Sicherheitsbekleidung. Ein roter Overall (rot=Besucher) Sicherheitsschuhe und ein paar Arbeitssocken. Nach dem Umkleiden in der Steigerkaue führt der Weg an der Lampenstube vorbei. Hier bekommt jeder Besucher seinen Helm und natürlich ein Geleucht. Wieder eine Überraschung, ein mir sehr wohl vertrautes Geleucht aus Zwickau wird mir in die Hand gedrückt. Der Lampenwart bemerkt mein Erstaunen und gibt eine kurze Erklärung. Als man mit den untertägigen Arbeiten begann, hatten die bekannten deutschen Lampenhersteller CEAG und Friwo ihre Produktion bereits eingestellt und aus der internationalen Ausschreibung konnte sich die GAZ GmbH behaupten.
Im Treppenhaus sammeln sich nun die Befahrer und erhalten über eine Videopräsentation sowie durch einen der Kauenwärter und den Führer eine Einweisung in die Benutzung der vorgeschriebenen Selbstretter.

Vorschriftsmäßig ausgerüstet geht es nun vor die Tür zum obligatorischen Erinnerungsfoto, um anschließend den Weg zur Rasenhängebank in Angriff zu nehmen. Für die Seilfahrt und die Förderung stehen in der modernen Schachtanlage zwei unabhängige Förderanlagen zur Verfügung. Die Befahrer steigen in einen zugegeben ziemlich engen, zweietagigen Förderkorb. Für die Bergfremden schon eine ungewöhnliche Situation. Nachdem das Sicherheitsgitter geschlossen ist, ertönt ganz klassisch das Anschlagssignal zur Abfahrt. Mit durchschnittlich 6m/s geht es gemächlich der 840-m-Sohle entgegen.
Im Füllort angekommen wird nun auf den Rest der Gruppe gewartet und es gibt die erste Gelegenheit unseren Führer mit Fragen zu bombardieren. Nachdem die Befahrermannschaft komplett ist folgt eine 1,5-stündige, äußerst interessante Befahrung. Neben den bergbautechnischen Informationen gewinnt der Befahrer auch viele Eindrücke über die geologischen und physikalischen Gegebenheiten im Salzstock. Vorbei an einigen interessanten Aufschlüssen geht es durch die Werkstätten bis hin zum letzten Stoß.

An einer Stelle musste kurz vor unserem Eintreffen die Firste nachgerissen werden, eine gute Gelegenheit ein paar „Belegstücke“ von der 840-er zu erhaschen. Während der Befahrung gibt es einen guten Mix aus Informationen rund um das Bergwerk selbst, der Geologie und natürlich um die Einlagerung radioaktiven Materials. Nach einem bequemen Fußweg gelangt man am Ende wieder am Füllort an, um mit der Ausfahrt zu beginnen. Da die Seilfahrt wieder in mehreren Etappen erfolgen muß, ergibt sich erneut die Gelegenheit einige Fragen mit dem Führer zu erörtern.

Warum nun ausgerechnet ein Salzstock als Endlager ? Es liegt auf der Hand, dass sich Hohlräume im Salz kostengünstiger als jeder andere bergmännisch geschaffene Holraum auffahren lassen. Im Steinsalz wird entstehende Wärme relativ gut abgeleitet und es umschließt Gase, Flüssigkeiten und Festkörper vollständig. Das plastische Verhalten des Steinsalzes ist ein bedeutender Vorteil. Die künstlich erschaffenen Hohlräume schließen sich durch den allseitigen Gebirgsdruck wieder vollständig zu einer Masse. Eingebrachte Fremdstoffe werden durch den darüber eingebrachten Salzversatz vollständig in wieder verfestigtes Steinsalz eingeschlossen.

Nach der Seilfahrt geht es wie üblich zurück in die Kaue. Von der Kaue begleitet uns Herr Isslinger durch eine kleine, sehr interessante Ausstellung, von Bohrkernen und Salzmineralen, wieder in das Empfangsgebäude.

Gegen 14.30 Uhr brechen wir nach einer sehr interessanten Befahrung wieder nach Hause auf.

Quellen:
Dipl.-Geol. A. Hincke -Salzstock Gorleben-
Infomaterial der DBE
weitere Informationen:
http://www.dbe.de



An dieser Stelle gilt ein besonderer Dank Herrn Dipl. Geol. Andre as Hinke für die Organisation und Planung der Befahrung und Herrn Dipl. Geol. Isslinger von der DBE, für eine fachkundige und sehr interessante Führung über- und untertage.

Glück auf !