- 1. Einleitung
- 2. Geologie
- 3. Geschichte des Eisenerzbergbaus am Hüggel
- 4. Vorkommen von Steinkohle
- 5. Heutiger Zustand der Bergbauanlagen
- 6. Literaturhinweise
1. Einleitung
Nachweislich seit dem 16. Jahrhundert, vermutlich aber schon viel früher wurden am Hüggel bei Osnabrück Eisenerze abgebaut. Bedeutung gewann der Bergbau aber erst 1836 mit der Gründung der Beckeroder Hütte, die im Westteil der Lagerstätte im Tage- und Tiefbau förderte. 1856 ging die Hütte samt Erzfelder an den Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenverein über, der nahe Osnabrück eine Eisenhütte errichtete. Durch den GMBHV wurde eine Verbindungsbahn zur neuen Hütte gebaut sowie große Tagebaue und Schächte für einen kombinierten Tage- und Tiefbau angelegt. Mit der Einführung des Thomasstahlverfahrens verloren die phosphorarmen Hüggelerze stark an Bedeutung. Dennoch wurde der Erzbergbau bis 1930 fortgeführt. Von 1933 an erfolgte, von einigen Unterbrechungen begleitet, nur noch im geringen Umfang die Gewinnung von Erzen und Zuschlagkalk welche mit der Betriebseinstellung im Jahre 1963 endete.
2. Lagerstätte
Etwa 7 km südwestlich von Osnabrück am Nordrand des Teutoburger Waldes liegt der Hüggel. Dieser bildet den mittleren Teil einer kleinen, WNW - ESE streichenden Gebirgskette, die durch Querverwerfungen in die verschieden hoch heraus gehobenen Abschnitte Roter Berg, Heidhorn, Hüggel und Domprobst-Sundern zerlegt ist.
Tektonisch handelt es sich bei dem Hüggel um einen 4 km langen und 0,7 km breiten Karbonhorst. Im Norden fällt das Karbon mit 16 - 28° ein und wird mit schwacher Diskordanz vom Zechstein- und Buntsandsteinschichten überlagert. Am Südrand ist der Hüggel durch eine große Störungszone abgeschnitten. Die Sprunghöhe beträgt am Südrand ca. 1000 m, am Nordrand nur etwa 700 m. Die Heraushebung des Hüggels erfolgte vermutlich zur Zeit der Oberkreide durch Einwirkungen des Bramscher Plutons.
Das Oberkarbon besteht aus zum Teil konglomeratischen Sandsteinen, Schiefertonen und darin eingeschalteten, geringmächtigen (0,07 - 0,45 m) Kohleflözen des Westfal C und D. Aufgrund der geringen Mächtigkeit und Tiefenlage (ab 380 m) fand auf dieses Vorkommen kein Bergbau statt. Die überlagernden Schichten des Zechsteins beginnen mit einer bis 40 cm mächtigen Kalksteinbank, auf der ein meist 30 cm mächtiges Kupferschieferflöz folgt. Darüber folgt der Zechsteinkalk, dessen untere Grenze eine 8 m mächtige Kalkbank bildet. Dieser dunkelblau bis graue, dünnbankige Kalk wird aufgrund seines Bitumengehaltes als „Stinkkalk" bezeichnet. Der Großteil des Zechsteinkalkes wird durch den „Zuschlagkalk" mit einer Mächtigkeit von 26 - 32 m gebildet. Dabei handelt es sich um einen dickbankigen, feinporösen, dolomitischen eisenhaltigen Kalkstein. Höhere Eisengehalte treten an der Grenze zum Stinkkalk im unteren Zuschlagkalk auf. Die Vererzung des Zechsteins erfolgte durch metasomatose Umwandlung des Kalkes durch aufsteigende hydrothermale Lösungen. Dadurch wurde Spateisenstein (Siderit) gebildet, der in Oberflächennähe durch Einwirkung von Oberflächenwasser zu Brauneisen (Goethit) verwitterte. Die über dem Erzlager anstehenden Kalksteinschichten waren gering eisenhaltig (ca. 10 % Fe) und wurden als Zuschlag für den Hochofenprozess abgebaut. Der Eisengehalt der Erze beträgt beim Brauneisenstein 20 - 52 %, beim Spateisenstein 20 - 45 % und Zuschlagkalk 5 - 20 %.
Das Erzvorkommen begann im Osten zunächst als mulmiger Brauneisenstein mit einem nördlichen Einfallen von 24 - 27°. In diesem Bereich wurden die Schächte Anna, Mathilde und Kielmannsegge abgeteuft. Weiter Richtung Westen setzte sich das Vorkommen zur Teufe hin als fester Spateisenstein mit einem Einfallen von 12 - 20° im zwischen den Schächten Ida und Luise fort. Zur Oberfläche hin war der Spateisenstein in Brauneisenstein umgewandelt und einer von einer mächtigen Schicht Zuschlagkalk überlagert. Dieser eisenhaltige Kalkstein mit einzelnen Brauneisensteinnestern setzt sich bis in den Bereich des Roten Berges fort und fällt dort mit 16° ein. Etwa ESE des Heidhorns befand ein kleines von den umgebenen Karbonschichten durch Störungen begrenztes Brauneisenerzvorkommen (Tgb. IV). Weitere kleine Brauneisenerzvorkommen lagen am Südhüggel zwischen Hüggel und Jägerberg (Tgb. V a/b).
Ursprünglich befand sich oberhalb der Zechsteinkalkschichten eine mächtige Anhydritschicht, die von Zechsteinkalk und Buntsandsteinschichten überlagert wurde. Durch Verwerfung und Abtragung der Schichten kam der Anhydrit in Oberflächennähe, wo das leicht wasserlösliche Sulfatgestein ausgelaugt wurde. In den entstandenen Hohlraum brachen die Hangenden Zechsteinkalkschichten und teilweise auch die Buntsandsteinschichten unregelmäßig ein. Diese Massen bildeten eine 50 - 70 m mächtige Versturzbrekzie. Am nördlichen Hüggelrand wird diese Brekzie von Buntsandsteinschichten überlagert.
3. Geschichte des Eisenerzbergbaus
3.1 Erste Anfänge 16. Jhd. bis 1856
Wann genau der Bergbau im Bereich des Hüggels begonnen hat lässt sich nicht genau feststellen. Glaubt man der Sage des Hüggelschmiedes, so scheint es schon in sehr früher Zeit erste Abbauversuche gegeben zu haben. Urkundlich erwähnt wird der Eisenerzbergbau jedoch erst im 16. Jahrhundert. In den Nachfolgenden zwei Jahrhunderten scheint dieser Bergbau wieder in Vergessenheit geraten zu sein.
Ein regelrechter Bergbau und eine Verhüttung der Hüggelerze erfolgte erst durch die Beckeroder Hütte bei Natrup-Hagen. Diese wurde 1835 durch den Osnabrücker Kaufmann Johann Carl Förster gegründet. Teilhaber waren die drei Gebrüder Meyer, welche ursprünglich eine eigene Hütte nahe Osnabrück gründen wollten. Am 9. August 1835 wurde Förster das Recht zum Schürfen nach Eisenstein im Kirchspiel Schledehausen verliehen. Der erste Hochofen konnte 1839 angeblasen werden. Im gleichen Jahr schied Johann Carl Förster aus und nach dem Tod einem der Gebrüder Meyer trat an dessen Stelle der Preuße Julius Meyer aus Holte der Gesellschaft bei. Dieser wurde bald alleiniger Eigner der Hütte. Produziert wurden Stangenware und zahlreiche Gusswaren.
Die Eisenerze stammten aus den umliegenden Bergen, vornehmlich dem Ellenberg und Hüggel, für deren Ausbeutung die Hütte mehrere Konzessionen besaß. Als Brennstoff diente Holz und später auch Steinkohle aus Ibbenbüren. Auf Druck der hannoverschen Regierung musste sich Meyer zur Abnahme von jährlich 935 t Steinkohle aus dem fiskalischen Bergwerk bei Borgloh verpflichten. Ein eigenes Steinkohlenbergwerk wurde ihm untersagt. Die zunehmende Konkurrenz aus dem In- und Ausland machte ein Ausbau der Hütte unabdingbar. Aufgrund des fehlenden Kapitals entschied Meyer sich 1856 zum Verkauf der Eisenhütte.
Die Förderung erfolgte an zwei Betriebspunkten durch die Gruben Hermine und Hedwig. In der Grube Hedwig wurden Eisenerz mit einem Gehalt von 34 - 37 % Fe gewonnen. Der Abbau erfolgte untertage über den 95 m langen Hedwigstollen und später auch im Tagebau. Im Tagebau der Grube Hermine wurde ein sehr wasserreiches Erz abgebaut, welches erst nach Trocknung einen Eisengehalt von 32 - 39 % aufwies.
3.2 Übernahme und Betrieb durch den GMBHV 1856 - 1963
Im Jahre 1856 gingen die Hütte und damit auch die Erzvorkommen in den Besitz des Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenverein (kurz GMBHV) über, der nahe Oesede eine neue Hütte mit zwei Hochöfen errichtete. Die zur Verhüttung benötigte Kohle wurde aus dem Wealdenkohlenvorkommen im nahen Dütetal herbeigeschafft. Aufgrund von Transportschwierigkeiten, das Erz musste mit Pferdefuhrwerken (bei gutem Wetter täglich 150 Fuder) auf schlechten Wegen teils auf Umwegen über Osnabrück zur Hütte gebracht werden, blieb die Förderung anfangs nur unbedeutend. In Betrieb waren 1862 die Gruben Hedwig und Hermine sowie ein Abbau des neu aufgeschlossenen Erzvorkommens am Roten Berg. Der Eisengehalt war hier zwar geringer, von Vorteil erwies sich aber die leichte Gewinnbarkeit und der hohe Kalkgehalt der Erze. Der Bau einer Chaussee in den Jahren 1862 - 63 führte zu einer Senkung der Transportkosten von vormals 2,50 - 5 M pro Tonne auf 1,80 - 2,40 Mark. Dennoch erwies sich der geplante Bau einer Verbindungsbahn zur Hütte als unumgänglich für die weitere Entwicklung. Mit dem Bau der Hüggelbahn wurde im März 1864 begonnen und mit dem Erreichen des Roten Berges im Februar 1866 vollendet. Die Transportkosten betrugen nun 30 Pfennig und konnten im Laufe der Jahre auf 15 Pf. (1909) gesenkt werden. In schneller Folge begann man nun mit der Einrichtung von weiteren Betriebspunkten. Im Jahre 1867 existierten von Osten nach Westen die Gruben Hermine, Hedwig III, Brockmann und Rothenberg. Eine untertägige Gewinnung erfolgte nur auf der Grube Hedwig III. 1867 wurde ein Wasserlösungsstollen angesetzt, der nach 544 m in südliche Richtung in die Baue der Herminengrube einschlagen sollte. Zur Beschleunigung wurde der Stollen über zwei Lichtschächte im Gegenortbetrieb aufgefahren. Einer der Lichtschächte, der spätere Mathildenschacht, sollte als Förder- und Wasserhaltungsschacht eingerichtet werden. Im Jahre 1869 wurde der Mathildenstollen zum Durchschlag gebracht. Im gleichen Jahr wurde auf den Gruben Brockmann und Rothenberg ein unterirdischer Abbau begonnen, da die Abraumhöhe mehr als das Doppelte der Mächtigkeit des Erzlagers betrug. Der Abbau erfolgte über flache Schächte im Einfallen des Lagers und streichenden Strecken mit Pfeilern von 3 Lachtern (ca. 6 m) Stärke. Förderpunkte waren 1870 übertage die Tagebaue Hermine und Roter Berg sowie untertage der Mathilden- und Kielmannseggeschacht und die Grube Hedwig. Betrugen die Förderzahlen 1863 lediglich nur 86.000 t Erz, so konnte bereits 1872 eine Förderung an Reich- und Zuschlagerzen von 233.000 t erzielt werden.
Übersicht der Tagebaue |
Da der Eisengehalt mit fortschreitendem Abbau stark abnahm,
entschied sich der GMBHV zum Zukauf von Erzgruben am Schafberg (Gruben Hector
und Perm). Dadurch sank in den 1890er Jahren die Förderrate und auch die Zahl
der Beschäftigten leicht ab. Ein weiterer Nachteil der Hüggelerze bestand in
dem geringen Phosphorgehalt. Die Erze eigneten sich zwar besonders für die
Herstellung von Bessemerstahl, mit der Einführung des Thomasverfahrens verloren
die Erze jedoch stark an wirtschaftlicher Bedeutung.
Ein leichter Aufschwung setzte zwischen 1906 und 1930 ein, als auf der 103-m-Sohle des Luisenschachtes ein 2 - 8 m mächtiges Spateisensteinvorkommen von guter Erzqualität angetroffen wurde. Zur Ausbeutung des Lagers hatte man 1908 den Luisenschacht wieder aufgewältigt, weiter abgeteuft und eine 3. Tiefbausohle angesetzt. Nach einem Wasserdurchbruch mußten die Arbeiten auf der 3. Sohle im November 1911 eingestellt werden. Der Abbau erfolgte im Bereich der 1. und 2. Tiefbausohle (letztere wurde auch als 78-m-Sohle bezeichnet). Zwischen diesen Sohlen befand sich westlich des Schachtes Luise noch eine 67-m-Sohle. Das Vorkommen zwischen den Schächten Luise und Ida wurde bis zur Einstellung des Tiefbaus im Jahre 1930/31 abgebaut. Als Gründe für die Stilllegung nennt KOHL (1934) die großen Erzvorräte der Hütte und die vertraglichen Verpflichtungen zur Abnahme einer bestimmten Menge ausländischer Erze.
Die Belegschaft bestand hauptsächlich aus ortsansässigen Arbeitern, von denen viele zusätzlich noch einer ländlichen Tätigkeit nachgingen. Die Arbeitsdauer betrug 1909 für die Tagebaue neun Stunden (im Sommer von 6 - 15 h, im Winter von 8.30 - 17.30 h). Untertage wurde in drei Schichten, beginnend um 6 h, gearbeitet.
Abb. aus HAARMANN (1909)
Am Südhüggel wurde 1927 der Abbau vom Kalkstein für das Zementwerk der Georgsmarienhütte aufgenommen, zudem hoffte man durch die Arbeiten neue Eisenerze aufzuschließen. Der Abtransport der Steine geschah mit einer 1928 fertig gestellten Drahseilbahn über den Kamm des Berges zur Hüggelbahn. Der geringe Zementabsatz im Winter und die schlechte Wirtschaftlage führte im Dezember 1929 zur Entlassung von 75 der 88 Arbeiter des Südhüggels. Mit der Einstellung der Zementproduktion auf der Hütte wurde auch der Betrieb im Südhüggel am 1. August 1931vorläufig eingestellt, die endgültige Stilllegung erfolgte mit der Betriebsaufname des neuen Steinbruches Holperdorp bei Lienen im Jahre 1937.
Zur Zeit des 2. Weltkrieges wurden am Schacht Kielmannsegge
nochmals Erze im Tiefbau gewonnen. Etwa ab 1933 begann man neben dem Eisenerzabbau
mit der Gewinnung von Zuschlagkalk für die Verhüttung. Der Abbau mit
Dampfbaggern erfolgte hauptsächlich im Tagebau II b, von wo aus das Haufwerk
über einen Bremsberg zur 1927 errichteten Brechanlage gelangte, wo es gebrochen
und in Waggons der Hüggelbahn verladen wurde. Im Rahmen der erhöhten
Eisenerzeugung durch die Autarkiebestrebungen des dritten Reiches gewann der
Erzabbau wieder etwas an Bedeutung, dennoch wurde die Gewinnung der Erze aus
Qualitätsgründen im Jahre 1940 vorläufig eingestellt. Nach einer zeitweiligen Stilllegung
zwischen 1945 - 1948 wurde der Abbau von Zuschlagkalk noch bis zur endgültigen
Aufgabe des Bergbaus am Hüggel im Juli 1963 fortgesetzt.
In der fast 100jährigen Betriebsperiode wurden am Hüggel rund 10 Mio. Tonnen Eisenerz gewonnen. Heute gibt es keine bauwürdigen Reserven mehr, lediglich an Zuschlagkalk könnten noch ca. 3 Mio. Tonnen gewonnen werden.
Insgesamt war das Hüggelgebiet in fünf Eisensteinfelder aufgeteilt. Bergbau wurde aber nur in den Feldern I und II betrieben, wobei das Grubenfeld I den nördlichen und Feld II den südlichen Abhang des Hüggels umfasste. Die Gewinnung der Erze im Feld Hüggel I erfolgte sowohl im Tage- als auch im Tiefbau. Im Jahre 1900 bestanden die Betriebspunkte aus dem Schacht Anna mit den Tagebauen I a und I b, den Tagebauen II a und II b im Bereich des Schachtes Kielmannsegge sowie die Tagebaue III a, b und c zwischen Schacht Luise und Roter Berg. Weitere Tagebaue befanden sich östlich des Schachtes Kielmannsegge (Tagebau IV) und im Bereich des Feldes Hüggel II (Tagebaue V a und V b). Die zuletzt genannten Tagebaue V a und V b wurden bereits in den 1890er Jahren stillgelegt, während die Tagebaue am Heidhornberg (II - III) bis zum Jahre 1907 in Betrieb waren. Ab den 1920er Jahren bis zur Betriebseinstellung 1963 konzentrierten sich die Arbeiten auf die Tagebaue III a und II b.
Nach der Vorrichtung durch Schächte und Stollen wurden zunächst die Deckschichten abgetragen. Anschließend wurde das Erzlager im Querbau mit 5 - 8 m hohen Strossen bis zu einer Teufe von 40 - 50 m abgebaut. Im Winter und bei Gebäuden auf der Tagesoberfläche wurde der Abbau als Tiefbau fortgesetzt. Die entstehenden Hohlräume wurden mit dem anfallenden Abraum versetzt. Beim Abbau des Spateisensteinlagers wurden die Erze meist durch Querbau in doppelflügeligen Bremsbergfeldern mit einer streichenden Länge von 120 m teils im Bruch- sowie Versatzbau abgebaut. Die Gewinnung erfolgte bei lockeren Gesteinen durch Keilhauenarbeit, bei festen Gesteinen mittels Bohr- und Sprengarbeit.
Zum Transport des Haufwerks wurden anfangs Karrenläufe verwendet, die ab 1875 durch schienengebundene, seitlich kippende und etwa 0,5 m³ fassende Förderwagen ersetzt wurden. Über Rolllöcher wurde das Haufwerk zur nächst tiefer liegenden Fördersohle transportiert, in Förderwagen abgezogen und durch Schlepper- oder Pferdeförderung zu den Schächten transportiert. Die Pferde (1894: 4 untertage, 3 übertage) wurden bei den umliegenden Bauern geliehen, die für eine neunstündige Schicht pro Pferd 4,30 M erhielten. Der Förderung dienten die Schächte Luise, Anna, Mathilde und Kielmannsegge. Um 1895 war der Schacht Luise gestundet, in Betrieb waren nur die Schächte Anna (Förderung Tagebau I a) und Kielmannsegge (Tagebau I b und II a). Bei erhöhter Förderung oder Ausfall einer der Schächte wurde der Schacht Mathilde in Betrieb genommen. Die Schächte waren mit Zwillingsdampffördermaschinen ausgerüstet, deren Leistung am Annaschacht 12 kW, am Mathildenschacht 22 kW und am Schacht Kielmannnsegge 44 kW betrug. Übertage wurden die Förderwagen mit Kreiselwippern in 40-t-Wagen der normalspurigen Hüggelbahn entleert und zur 7 km entfernten Georgsmarienhütte transportiert.
In den 1920er Jahren kamen erstmals Dampfbagger zum Einsatz. Zum Abtransport der in Muldenwagen gefüllten Steine in den Tagebauen wurden mit Benzol- und Diesel (ab 1950) betriebene Feldbahnen verwendet. Im Tagebau II b war ein mit 22° einfallender Bremsberg mit elektrischer Förderung im Einsatz. Die Brech- und Verladeanlage befand sich nördlich des Tagebaus II b an der Trasse der Hüggelbahn.
Bis zur Talsohle (etwa +80 mNN) wurden die Wässer durch den 1867
bis 1869 errichteten und 600 m langen Mathildenstollen gelöst. Die angesetzte
streichende Mathildenstollen-Sohle hatte eine Länge von 2.800 m und verband
alle Schächte am Nordhang des Hüggels. Etwa parallel zu dieser war die
Wasserstrecke der Mathildenstollen-Sohle aufgefahren, welche durch Querschläge
mit dem Lager und der der Förderung dienenden Mathildenstollen-Sohle verbunden
war. Um den Wasserfluss zu ermöglichen war die Mathildenstollen-Sohle mit einer
Steigung von 1:400 m aufgefahren. Im östlichen, 1.000 m langen Streckenabschnitt
betrug der Höhengewinn etwa 2,5 m, der westliche und 1.800 m lange
Stollenabschnitt gewann bis zu 4,5 m an Höhe. Die Wasserstrecke diente
hauptsächlich zur Ableitung der Niederschlagswässer aus den Tagebauen.
Für einen Abbau der Erze unterhalb der Mathildenstollen-Sohle begann man 1874 -
1877 mit dem Abteufen des Augustaschachtes. Etwa 31 m unter der Hängebank und
20 m unterhalb der Mathilden-Stollensohle begann man mit der Auffahrung der
Hauptstollensohle (1. Tiefbausohle) 340 m Richtung Osten und 2.210 m Richtung
Westen.
Um die gesamte Wasserhaltung der 1. Tiefbausohle zu ermöglichen war der
Augustaschacht mit einer 221 kW starken Woolf'schen Wasserhaltungsmaschine
ausgerüstet worden. Die Maschine hatte einen Plungerdurchmesser von 0,91 m und
konnte mit einer Hubhöhe von 2,7 m maximal 12 m³/min heben. In der Regel mußte
nur eine Wassermenge von 4 - 5 m³/min bis auf die Mathildenstollen-Sohle
gehoben werden. Durch den als Wasserreservoir ausgebauten, 100 m langen
Querschlag zur Grundstrecke der 1. Tiefbausohle konnte der Zufluss zum Schacht
reguliert werden. Den benötigten Betriebsdruck lieferten vier kombinierte
Röhrendampfkessel mit einer Heizfläche von 173 m². Im Jahre 1908 wurde die Dampfwasserhaltung in
Reserve gestellt und durch eine elektrisch angetriebene Pumpe ersetzt.
Um ein Absaufen der Tiefbausohle bei einem Betriebsausfall zu verhindern
befanden sich als Reserve bei den Schächten Anna und Mathilde zwei weitere
Wasserhaltungsmaschinen mit 48 kW bzw. 29 kW Leistung.
4. Vorkommen von Steinkohle
Die gesteigerte Abhängigkeit von den westfälischen Kohlenlieferungen nach der Stilllegung der Zeche Piesberg, die rund 1/3 des Bedarfs der Georgsmarienhütte deckte, veranlasste den GMBHV zur Untersuchung der Steinkohlenvorkommen am Hüggel. Nach dem Aufkauf des verschiedenen Bohrgesellschaften gehörenden Feldbesitzes auf Steinkohle und dem Einholen eines Gutachtens wurde im Januar 1900 mit einer Aufschlussbohrung begonnen. Die vom Tagebau I b nahe dem Mathildenschacht niedergebrachte Bohrung traf auf insgesamt neun Flöze, von denen drei Flöze in einer Teufe von 550 bis 600 m Mächtigkeiten zwischen 0,4 und 1,5 m aufwiesen. Es handelte sich um Fettkohle mit einem Aschegehalt von 12 - 24 %. Zu einem Abbau kam es nicht.
Zur Zeit des Kohlenmangels nach dem 1. Weltkrieg entschloss sich der GMBHV im Januar 1920 am Südhüggel den Bergbau auf Steinkohle aufzunehmen. Der Plan sah die Erschließung der bereits 1900 bei einer Bohrung festgestellten drei Kohlenflöze vor. Für den Abbau sollte der Südhüggelschacht um 150 m weiter abgeteuft werden. Nachdem allein durch die Wiederaufwältigung der Mathildenstollensohle 250.000 Mark verbraucht worden waren wurde der Plan im Mai 1920 aufgegeben.
5. Heutiger Zustand der Bergbauanlagen
Die deutlichsten Zeugen der Bergbautätigkeit stellen die teilweise mit Müll verfüllten und größtenteils zugewucherten ehemaligen Tagebaue dar. Erwähnenswert ist vor allem der durch eine Förderbrücke in zwei Hälften eingeteilte größte Tagebau II. Von den Tagesanlagen sind noch Fundamente von Fördereinrichtungen sowie streckenweise die Trasse der Hüggelbahn erhalten. Als besonders bemerkenswert gilt die Pumpenstation am Augusta-Schacht. Das dreigeschossige Haus an der Bahnlinie Hasbergen zur Georgsmarienhütte ist nahezu komplett erhalten. Der noch offenstehende Schacht dient zur Wasserversorgung der Georgsmarienhütte. Am Standort des Luisenschachtes sind noch mehrere, durch den GMBHV errichtete und heute größtenteils umgebaute Wohnhäuser vorhanden. Viele der ehemaligen Bergbauanlagen sind durch einen Geologischen Lehrpfad erschlossen.
Name | Zweck | Zustand |
Hedwig-Stollen Länge 95 m Mundloch +117,90 mNN |
Aus der Zeit der Beckeroder Hütte stammender Förderstollen. | Nicht mehr vorhanden |
Anna-Stollen Länge XXX Mundloch +81,50 mNN |
Förderstollen, Wasserlösung. Um 1910 war dieser Stollen schon abgeworfen. | Mundloch verbrochen, Wasseraustritt. |
Mathilden-Stollen Länge 600 m Mundloch +78,0 mNN |
Zentraler Wasserlösungsstollen, Aufgefahren von 1868 bis 1869. | Das aus Ziegelsteinen gemauerte Mundloch ist noch
erhalten, jedoch stark deformiert. Der Stollen ist durch einen Betonpfropfen im
Bereich der Bahntrasse verschlossen. Wasseraustritt.
|
Schacht
Mathilde Teufe 48,30 m Hängebank +93,7 mNN |
Förderschacht, ausgestattet mit einer Fördermaschine (22 kW) sowie einem Walzen- sowie zwei Cornwallkesslen mit je 49,1 m² Heizfläche. | Verfüllt |
Schacht Anna Teufe 46,11 m Hängebank +103,78 mNN |
Förderschacht. War ausgestattet mit einer Fördermaschine mit einer Leistung von 12 kW und Walzenkesseln mit je 26 m² Heizfläche. |
Verfüllt |
Schacht
Augusta Teufe 31,42 m Hängebank +88,47 mNN |
Wasserhaltung mittels einer 221 kW starken Wasserhaltungsmaschine. | Erhalten ist das Maschinenhaus des Schachtes. Heute wird noch Wasser für die Georgsmarienhütte aus dem Schacht gepumpt. |
Schacht
Kielmannsegge Teufe 49,88 m Hängebank +109,74 mNN |
Förderschacht. War ausgestattet mit einer 44 kW Fördermaschine und Walzenkesseln mit insgesammt 93,4 m² Heizfläche. | Verfüllt und mit Betonplatte abgedeckt.
|
Schacht
Ida Teufe 50,94 m Hängebank +111,04 mNN |
Förderschacht. Hier befand sich das Materialmagazin für die Gruben am Hüggel und eine Schmiede. |
|
Schacht
Luise Teufe 103,05 m Hängebank +115,36 mNN |
Förderschacht. Hier befand sich eine Schmiede, eine Dampfsägemühle und die Wohnung des Betriebsführers. |
Schacht ist verfüllt und mit einer Betonplatte
abgedeckt.
|
Südhüggelschacht Teufe 299,12 m Hängebank +182,37 mNN |
Wetterschacht | Bis Ende der 1990er Jahre war über dem Schacht ein kleines Eisengestell erhalten. |
6 . Literatur
EINECKE,
G./ KÖHLER, W. (1910): Die Eisenerzvorräte des Deutschen Reiches; Berlin.
HAARMANN (1909): Die Eisenerze des Hüggels bei Osnabrück. - Z. prakt. Geol., H.
17, S. 343 - 353; Berlin.
HAGEMANN,
W. (1930): Bergbau- und Hüttenbetriebe des Osnabrücker Landes in ihrer
wirtschaftlichen Entwicklung. -Veröff. wirtschaftswiss. Ges. zum Studium
Niedersachsens, Bd. 12; Hannover.
KOHL, E. (1934):
Die Eisenerzvorräte des Deutschen Reiches. -Arch. Lagerstättenforsch., Bd. 58;
Berlin.
MÜLLER, H.
(1896): Der Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenverein. Teil 1: Die Geschichte
des Vereins. Teil 2: Beschreibung der Besitzungen, der Betriebsanlagen und der
Einrichtungen des Vereins; Osnabrück.
MÜLLER, H. (1906): Der Georgs-Marien-Bergwerks- und Hütten-Verein. 2. Bd.;
Osnabrück.
RÖHRS, H.
(1992): Erz und Kohle - Bergbau zwischen Weser und Ems. - Ibbenbürener
Vereinsdruckerei; Ibbenbüren.
SLOTTA, R.
(1986): Technische Denkmäler in der Bundesrepublik Deutschland - Der
Eisenerzbergbau Teil 1. - Deutsches Bergbau Museum Bochum.
STAHL, A./
HAACK, W./ FULDA, E. (1941): Geologie u. Lagerstätten Niedersachsens. Bd. 1:
Das Paläozoikum in Niedersachsen. - Schr. d. Wirtschaftswiss. Ges. zum Stud.
Nds.; Oldenburg.
STOCKFLETH
(1894): Das Eisenerzvorkommen am Hüggel bei Osnabrück, Z. Glückauf, H. 100, 30,
S. 1791 ff.; Essen.
Unveröffentlichte
Quellen (Archive):
NLA HSTA BaCl. Hann. 184 Acc. 9 Nr. 2853, Acc. 11 Nr. 4290, Acc. 16 Nr. 169, 170, 175